Huntington, Samuel P. - "Kampf der Kulturen"

Samuel P. Huntington

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Kampf der Kulturen

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Das Schlagwort vom «Kampf der Kulturen» ist seit den 1990er Jahren in die deutsche Alltagssprache eingegangen. Es stammt von einem Buch des Politikwissenschafters Samuel P. Huntington (1927-2008). Dieser vertrat die These, dass nach Ende des Kalten Krieges Konflikte in der Welt nicht mehr zwischen ideologischen Gegnern oder aufgrund ökonomischer Interessen, sondern zwischen grossen «Kulturkreisen» ausgetragen würden.

1993 veröffentlichte der Harvard-Professor und aussenpolitische Berater diverser amerikanischer Regierungen, Samuel P. Huntington, einen Essay mit dem Titel «The Clash of Civilizations?». 1996 wurde daraus ein Buch, in dem die Frage zur Gewissheit geworden war: «The Clash of Civilizations and the Remaking of World Order». Die deutsche Übersetzung erschien im selben Jahr unter dem Titel «Kampf der Kulturen». Dass dieser Titel in die deutsche Alltagssprache übergegangen ist, hat viel mit der eingängigen Formulierung zu tun und damit, dass der Begriff an den «Kampf ums Dasein» erinnert, der aus der Evolutionstheorie von Charles Darwin stammt.

Huntingtons zentrale These lautet: «In der Welt nach dem Kalten Krieg sind die wichtigsten Unterscheidungen zwischen Völkern nicht mehr ideologischer, politischer oder ökonomischer Art. Sie sind kultureller Art.» Er listet sieben oder acht grosse Kulturkreise auf, die je um ein oder mehrere Zentren gruppiert sind: den sinischen Kulturkreis (Zentrum: China), den japanischen Kulturkreis (Japan), den hinduistischen Kulturkreis (Indien), den islamischen Kulturkreis (kein Zentrum, dafür mehrere Unter-Kulturen: die arabische, türkische, persische und malaische), den westlichen Kulturkreis (Nordamerika und Europa), den lateinamerikanischen Kulturkreis (Lateinamerika), den slawisch-orthodoxen Kulturkreis (Russland) und, wie er schreibt, «vielleicht» den afrikanischen Kulturkreis.

Das Buch ist in Huntingtons eigenen Worten «kein sozialwissenschaftliches Werk», sondern «eine Interpretation der globalen Politik nach dem Kalten Krieg». Tatsächlich fehlen bei Huntingtons vorgenommener Einteilung der Welt in Kulturkreise nachvollziehbare Kriterien. Die Vorstellung eines «Kampfes der Kulturen» geht davon aus, dass kulturelle Differenzen sich zwangsweise in Feindseligkeit und Konflikten ausdrücken und fördert ein «Freund-Feind-Schema» in der Politik. Deshalb wird Huntingtons These aus linker und liberaler Perspektive kritisiert.

Das Hauptaugenmerk legt Huntington gar nicht auf die Beziehungen zwischen verschiedenen postulierten Kulturkreisen in der Welt, sondern auf die aktuelle Konfliktlage zwischen «the West and the Rest» («dem Westen und dem Rest»), wie ein Kapitel über interkulturelle Streitfragen im Buch überschrieben ist. Die interkulturellen Beziehungen zwischen dem Westen, China und dem Islam bezeichnet er als die konfliktreichsten. Als Empfehlung an die (westliche) Politik formuliert Huntington eine Stärkung der eigenen kulturellen Identität im Innern und die Akzeptanz der multikulturellen Realität ausserhalb des Kulturkreises.